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Das digitale Leben

Vor rund 25 Jahren zog mein erster Mac bei uns ein. Ein iMac in Türkis mit unglaublichen 4GB Festplatte. Den iMac gab es nur so (im ersten Jahr). Zusätzlich ein CD-Brenn-Laufwerk und ein eingebautes Modem. Geil, da konnte man also das Kabel durch die ganze Wohnung legen und in’s Internet ohne Zwischenkasterl!

Etwa zeitgleich zog ein Mobiltelefon ein. Das Motorola Startec schaute aus wie die Geräte von Captain Kirk und Pille (wer die nicht kennt, das sind zwei Hauptfiguren in Raumschiff Enterprise 1. Staffel). Dieses Klapphandy hatte unglaubliche Funktionen, z.B. konnte man 10 Telefonnummern mit nur einer Kurzwahl anrufen. Und man konnte damit telefonieren! Und im Filofax konnte man sich Notizen machen, die ganz modernen im Palm oder mit einem Newton!

Durch und durch: Digitales Leben

Ein Vierteljahrhundert später wissen viele nicht einmal mehr, was ein Modem ist.  Dafür hat jedes Smartphone zumindest 30x soviel Speicher. Wir telefonieren fast nicht mehr. SMS ist eine alte Technologie. Statt dessen verwenden wir Apps, Apps, Apps. Jede:r bedarfsgerecht genau die benötigten. Die Phones sind GPS-fähig, Internet sowieso, die neuesten sogar Satellitenfähig. Wir hören Musik aus einem unendlichen Archiv. Haben all unsere Bilder der letzten Urlaube mit. Wissen ist universell verfügbar, alle Telefonnummern, alle Kontakte lassen sich mittels Sprachbefehl anrufen. Man schriebt aber eh lieber eine Messager-Nachricht.

Der Computer ist zum zentralen Element der Unterhaltung geworden. Auf Festplatten, die kleiner sind als eine CD passen 1, 2 oder mehr Terrabite an Daten. Egal, weil Speicher kostet eh nichts mehr. Wir arbeiten mit dem Computer, wir spielen, wir schauen fern, wir hören Musik. Wir planen aber auch unsere Urlaube detailreich, buchen diese selbst über Plattformen und bezahlen online. Die Wanderung oder Radtour am Wochenende planen wir Tage vorher auf speziellen Plattformen, genauso, wie die Stadtspaziergänge beim Wochenend-Tripp in eine fremde Stadt. Wir buchen Lokale, Hotels, kaufen Karten für Konzerte und andere Kultur und wir bezahlen gleich mittels Fingerprint. Sollten wir doch mal in einem Geschäft oder Restaurant bezahlen müssen reicht ein Doppelklick auf die Uhr oder das Telefon.

im Fitness-Studio trainieren wir smart mit entsprechenden Apps und auf smarten Radtrainern und Laufbändern. Dazu sehen wir uns genau die Serien an, die wir sehen wollen und nicht das, was uns die Sender vorsetzen. Den. wir streamen die neuesten Serien und Filme.

Einfluss auf Freunde und Familie

All das teilen wir unseren Freunden nicht mehr beim Bier am Abend mit sondern über Social Media. Weil da brauchen wir nur auf den Button drücken und schon sieht es die ganze Welt und kann uns beklatschen. Unsere Urlaubsbilder zeigen wir nicht mehr in einem Fotoalbum her oder noch schlimmer bei einem faden Dia-Abend sondern online auf Bildplattformen oder der eigenen Website.

Wir nutzen tragbare Computer mit der Leistung eines Rechenzentrums. Wir haben unser Smartphone, ein Tablet, eine smarte Uhr. Alles verbunden, alles mit unglaublicher Arbeitsleistung und Speicher zum Abwinken.

Und sollten wir doch mal mit jemanden reden müssen machen wir das via online-Tools. Privat mit Facetime, WhatsApp usw., geschäftlich skypen wir wie verrückt, sind in Zoom Meetings, in Teams-Sessions. Um nicht langweilig zu sein nutzen wir hier mehrere Kameras und produzieren sogar von unserem faden Geschäfts-Termin ein oscarverdächtiges Bild. Und es ist völlig egal geworden, wo wir gerade sind. Wir sind digitale Nomaden geworden.

Ich frag mich nur: wann haben wir das alles gelernt?

Dafür kommen Schallplatten wieder, Polaroid-Fotos ebenso. Und ich frag mich, was wir ohne all diese Errungenschaften gemacht haben. Und ich frage mich, wie erstrebenswert es ist, permanent digital zu sein?

Das Leben vor dieser Zeit war nämlich auch sehr cool. Aber cool sagen heute eh nur noch die Boomer!

Werbesprache – eine neue Sprache lernen

In über 20 Jahren in der Werbung lernt man die Werbesprache. Sie sagt wenig aus. Dafür hat sie schmucke Begriffe, meist internationalisiert, für banale Dinge. Denn jeder Werber ist etwas einzigartiges. Deshalb braucht jeder seine eigenen Begriffe. Sie sind so etwas wie die einzigartigen Produkte.

Wichtige Begriffe

Es gibt wichtige Basisbegriffe. Zielgruppe, Kampagnenziel, Medienauswahl usw. sind Basisbegriffe. Doch niemand kann vom Agenturkunden verlangen, dass dieser Spezialvokabeln für „Fertig zum Druck“ und ähnliche Arbeitsschritte kennt. Vor allem, wenn dann sowieso jede Sparte anders dazu sagt.

Return on Investment ist auch ein Begriff, der klar ist. Naja, den Werbern nicht!

Die Lieblingsmasche der digitalen Werber

Besonders interessant wird es, wenn man mit Online-Werbern spricht. Plötzlich sind Zielgruppen keine mehr. Sie werden zu Personas. Da muss man eine konkrete Person beschreiben, mit Haut und Haar. Nur damit man dann die Zielgruppe hat. Man macht auch keine Medienauswahl mehr sondern targetet. Was immer das heißt. Das Kampagnenziel ist egal. Hauptsache man verliert die Main-Targets nicht. Aha, und naja!

Früher musste Werbung eine Geschichte erzählen. Heute zählt Content. Und so weiter. Es gibt hunderte Beispiele.

Es gibt viele neue Begriffe. Doch diese sind nur neue Wörter für alte Namen. Alles brauchte es vorher auch schon für eine gute Strategie, eine tolle Kampagne.

Nicht neue Wörter – neue Ideen sind gefragt!

Meiner Meinung nach sollten sich die Werbemenschen darauf konzentrieren, tolle Werbung zu machen. Werbung, die im Gedächtnis bleibt. Und nicht immer wieder die Werbesprache neu erfinden. Denn die Werbung funktioniert immer gleich. Egal, in welchem Medium geworben wird. Natürlich gibt es Spezielles in den einzelnen Werbeformen zu beachten. Auch das war schon immer so. Ein Plakat funktioniert anders als ein Radiospot. TV ist anders als eine Printanzeige. Digital ist anders als offline. Aber es geht immer um Kundengewinnung! Nicht um neue Wörter.